Nicaragua Reisebericht: Frau Dr. Monika Kalista aus Salzburg (67 J.) hat vor ein paar Monaten mit Loro Trips Nicaragua bereist.
Wie es ihr dabei ergangen ist, erzählt Sie in diesem sehr lesenswerten Nicaragua Reisebericht:
Die Route: Managua – León (1 Woche Spanisch Einzelunterricht/Besuch der UNAN) – Estelí (Kennenlernen der Organisation Fundación entre Mujeres) – Matagalpa (Kaffeetour) – Granada (Casa de los tres Mundos) – Isla de Ometepe (Besuch des Therapiezentrums Proyecto Samaritano) – Solentiname Archipel (Kulturelle Tour) – Managua (Treffen mit der NGO Horizont 3000).
Reisedauer: 16.01. – 14.02.2016
Wie es zu diesem Nicaragua Reisebericht kam
Seit vielen Jahren ist mir die Städtepartnerschaft Salzburg-León bekannt. Ich entstamme einer Generation, die sich noch gut an die Nachrichten über den Fall des Somoza Regimes, den Sieg der Sandinistischen Befreiungsfront, die Iran-Contra Affäre der USA und die schwierige Zeit der Befriedung dieses mittelamerikanischen Landes erinnern kann. Immer habe ich mich für Entwicklungszusammenarbeit interessiert und war gerne (auch) in diesem Bereich tätig. Auch habe ich es sehr geschätzt, Projekte in vielen Teilen der Welt kennenlernen und fördern zu können, die von Salzburg unterstützt wurden. Im Hinterkopf hatte ich schon immer, einmal einen Spanisch-Sprachkurs in León zu machen. Aber erst beim letzten Lateinamerika-Filmfestival im Das Kino erfuhr ich von Loro Trips als Teil der Städtepartnerschaft, und das reizte mich besonders. Ich wollte Land und Leute kennenlernen, zum Einstand meine Spanischkenntnisse auffrischen und erfahren, welche Beziehungen und Projekte es zwischen Österreich und Nicaragua gibt.
Erster Stopp León
Aus den Plänen wurden vier wunderschöne Wochen von Mitte Jänner bis Mitte Februar 2016: Es begann in León: In einem ansprechenden landestypischen Haus bei einer warmherzigen Gastfamilie, Ramon und Lelis, mit wachsamem kleinen Hund, in der Mitte der Stadt gleich gegenüber der guten Sprachschule im Kulturzentrum. Die erste Woche verging wie im Fluge. Ich lernte Stadt und Umgebung kennen, war bekannter Stammgast im Café El Sesteo gleich bei der Kathedrale (Welterbe!), besuchte die Ruinen des alten, 1610 vom Vulkan Momotombo zerstörten León und den Cerro Negro, für Sportler ein Traum zum Volcanoboarding, sowie die Strände am Pazifik. Und überall war Rubén Darío, Nicaraguas berühmter Nationaldichter, dessen 100. Todestag gerade mit zahlreichen Feierlichkeiten begangen wurde und der in León gelebt hatte. Leider fehlten wegen der Semesterferien die Studierenden, sodass der Besuch der UNAN, der zweitältesten Universität Mittelamerikas, mit der Paris Lodron Universität Salzburg in einer Partnerschaft verbunden, etwas nüchtern ausfiel. Auch die Kinder in der von der Stadt Salzburg einst gegründeten Schule waren auf Ferien, aber die Begegnung mit der Direktorin verlief sehr erfreulich.
Frauenrechte in Estelí
Von León aus ging es dann, von Loro Trips und seinen Partnern bestens vorbereitet, in den kühleren Norden nach Estelí, der Stadt zahlreicher (kubanischer) Zigarrenfabriken. Die Katholische Frauenbewegung Österreichs unterstützte dort 2015 die Selbsthilfeorganisation FEM, welche sich für die Würde und Rechte besonders der Landfrauen mit viel Mut und Tatkraft einsetzt. Ebenfalls noch in den Bergen und geprägt vom Kaffeeanbau befindet sich Matagalpa. Die hoch gelegene Finca Aguas del Arenal von Jürgen und Anabel wurde zu einem meiner Lieblingsorte auf der ganzen Reise!
Kolonialstil, Natur und religiöser Volksfeste
Granada zählt als die schönste Stadt des Landes…. immer im Wettbewerb mit dem an Kolonial- und Sakralbauten ebenfalls reichen León. Aber auch politisch standen sich die Städte in der Geschichte gegenüber: Galt und gilt León als Hochburg der Sandinisten, setzte Granada auf die Contras. Im Bewusstsein seines 1. Ranges als TouristInnenattraktion bietet die Stadt schön renovierte farbenprächtige Häuser, eine Ausgehmeile mit vielen Lokalen, Kunsthandwerk und Alternativkultur, Universitäten und Museen. Die 365 reizvollen Isletas im Nicaraguasee, Las Isletas, sind zu erkunden, die Dörfer der Umgebung inmitten der Vulkane, Los Pueblos Blancos, zeigen die lebhafte Atmosphäre religiöser Volksfeste, und auch der Nationalheld Augusto César Sandino wurde in der Nähe, im Dorf Niquinohomo geboren.
Die Insel der zwei Vulkane
Mich faszinierten die Vulkane und die Inseln und vor allem die einzigartige Kombination aus beidem, Ometepe, die weltweit größte vulkanische Insel in einem Süßwassersee. „Zwei Hügel“ in der Sprache der Azteken… das sind die zwei Vulkane Concepción und Maderas, aus denen die Insel besteht. Die Überfahrt von San Jorge war zweimal stürmisch, die Sehenswürdigkeiten an Natur und Kultur belohnten dafür, und ein österreichisches Projekt für behinderte Kinder gab etwas Aufschluss über die gesundheitliche Versorgung.
Kunsthandwerk im abgeschiedenen Inselarchipel
Solentiname, der Archipel im Süden des Nicaraguasees mit seinen vielen Inseln, den zahlreichen KünstlerInnenfamilien, die sich durch naive Malerei oder bemalte Holzfiguren ihren Lebensunterhalt verdienen, war besonders liebenswert. Dort lebte früher Ernesto Cardenal und kehrt, heute hochbetagt, immer noch von Zeit zu Zeit in sein Haus zurück. Mit GlobArt renovierten österr. und nicaraguanische KünstlerInnen die kleine von ihm gegründete bemalte Dorfkirche.
Besser als ihr Ruf
Viele rieten mir von einem zu langen Besuch in der Hauptstadt Managua ab. Sicher, das furchtbare Erdbeben am 23. Dezember 1972 hatte die Stadt dem Erdboden gleichgemacht. Der Wiederaufbau konzentrierte sich auf niedrige Bauten. Aber ich fand die mir zunächst so planlos erscheinende Stadt interessant und mich mit Hilfe eines Fahrdienstes, der mich schon zum Hafen von San Carlos im Süden und zurück gebracht hatte und den ich in dem weiträumigen Managua engagierte, gut zurecht. Gerade wurde eine Kunstbiennale eröffnet, finanziert von der Stiftung Ortiz-Guardian, welche auch ein großes Museum zeitgenössischer lateinamerikanischer Kunst in León unterhält. Ich lernte KünstlerInnen kennen, denen die österr. Kunstszene vertraut war, und sah die vielen Ebenen einer Hauptstadt: Armut und Unsicherheit, Märkte und Shoppingmalls, bunteste Beleuchtung und pulsierendes Leben! Und über allem die beiden so unterschiedlichen Nationalgrößen:“ Wir sind die Kinder von Sandino und Rubén Darío!“ Über allem auch der langjährige Präsident Daniel Ortega, der im ganzen Land an jeder Ecke von zahlreichen Plakaten blickt, oft auch gemeinsam mit seiner Frau Rosario Murillo, die mir viele als die wahre Macht im Lande schilderten. Die Präsidentengattin hat für Managua auch bunte „Lebensbäume“ bestellt, welche unübersehbar die Stadt durchziehen.
Fazit der Reise
Es ist bewundernswert, wie die Bevölkerung im zweitärmsten Land Lateinamerikas nach Haiti Zuversicht ausstrahlt. Die Menschen sind erkennbar fleißig! Die üppige Tropennatur lässt die Armut nicht so schnell sichtbar werden. Bildungschancen, Gesundheitswesen, Arbeitsmöglichkeiten, gerechte Einkommen und Verteilung, die Stellung der Frau…all diese Fakten sind zu untersuchen um sich ein Bild von Politik und Gesellschaft hinter der bunten Fassade zu machen.
Die Organisation klappte großartig! Überall warteten und halfen Menschen, ich habe mich immer wohl und sicher gefühlt. Die einen hat Loro Trips beauftragt, die anderen habe ich selbst gefunden. Ich lasse viele mir lieb gewordene Frauen und Männer in diesem Lande zurück, deren Lebenskampf und Lebensmut zu bewundern sind!